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Das letzte „Ortsgespräch" - Das „Ortsgespräch“ verstummt

Wöchentliche Kritik an Missständen

Roland Breitenbach hat als katholischer Pfarrer Woche für Woche im markt mit dem „Ortsgespräch“ kirchliche und gesellschaftliche Missstände angeprangert und kritisch hinterfragt. Etwa 25 Jahre lang erschien die Kolumne, die Fehlentwicklungen in das Licht der Öffentlichkeit gestellt und auf Veränderung gedrängt hat.

Ein Blick tief in die menschliche Seele

Auch den Blick tief in die menschliche Seele hat er darin gewagt und dabei immer allzu Menschliches zutage befördert.

Das „Ortsgespräch“ hat sich der Fragen angenommen, die am Stammtisch, im Bus, auf der Arbeit und beim Plausch auf dem Wochenmarkt gestellt wurden. Jede Woche warteten Leserinnen und Leser auch wegen des „Ortsgesprächs“ auf den markt. Es erschien in allen sechs markt-Ausgaben – vom Steigerwald bis in den Spessart, von der Rhön bis in die Bistumsstadt Würzburg. Die Resonanz war teils riesig, manchmal erhielt Roland in den Tagen nach der Veröffentlichung zig E-Mails, Briefe oder Anrufe – meist positive, manchmal auch richtig böse.

Nun ist das „Ortsgespräch“ verstummt; Roland Breitenbach ist vergangene Woche im Alter von 84 Jahren gestorben. In dieser Ausgabe veröffentlichen wir sein letztes Werk mit dem Titel „Papier ist geduldig“, das er kurz vor seinem Tod der Redaktion übermittelt hat. 

Letztes ORTSGESPRÄCH MIT ROLAND BREITENBACH

Papier ist geduldig

Papier wird bemalt und beschrieben, es lässt sich tausendfach bedrucken. Nach Jahrhunderten kann es zum einmaligen, wertvollen Dokument werden. In Papyrus in Ägypten wurde der weiche Inhalt des Schilfrohres ganz eng aneinander gelegt und sorgfältig gepresst – schon war das Schriftzeug fast für die ganze Welt entstanden.

Um die Zeitenwende nach Christi Geburt kamen Frauen und Männer in die Wüste von Nag Hammadi. Sie waren mit Jesus befreundet, hatten seine Worte aufgeschrieben und legten sie in den Sand diesseits des Nils. Viel später hat ein deutscher Archäologe einige der Schriften entdeckt. Vor allem bewegte ihn dieses Wort Jesu: „Ich bin mitten unter euch wie ein Kind.“ Aufbewahrt wird dieses Dokument im Museum zu Berlin.

Nicht auszudenken, wenn dieses Wort Jesu neben einem anderen („Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“ – Mt. 18,3) einen Platz in der Bibel gefunden hätte. Mit der Kirche, mit dem ganzen Christentum wäre es anders geworden.

Denken wir nur an die Kreuzzüge, an die Frauen- und Sexualfeindlichkeit, an Gebote und Verbote. Dann könnten wir als Gotteskinder glücklich und zufrieden sein. Die Bischöfe hätten anders mit uns umgehen müssen und das Evangelium nicht zu einer Drohbotschaft verbunden mit Todsünden machen können.

Zum Glück wird „Ich bin mitten unter euch“ im Museum aufbewahrt – und das für immer. Doch es muss gelebt werden, sonst wurde es vergeblich überliefert und hat sein Ziel des Lebens verfehlt.