Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Das Evangelium ist immer auch politisch...

Nicht nur eine Sonntagspredigt eine Woche vor der Bundestagswahl von Pfr. Stephan Eschenbacher

Liebe Schwestern und Brüder!

Nächsten Sonntag ist Bundestagswahl. Dieses Ereignis treibt im Moment viele Menschen in unserem Land um. Unsere Straßen sind voll mit Wahlplakaten, auf allen Sendern präsentieren Politikerinnen und Politiker sich selbst und das, wofür sie bzw. ihre Partei stehen, also ihre politische Agenda. Auch wenn das manchen bereits zu viel oder gar schon überdrüssig ist… es ist dennoch unsere Bürgerpflicht, uns zu informieren und aufgrund einer durchdachten und reflektierten Entscheidung unser Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen.

Für uns als Christen spielt dabei auch unser Glaube eine Rolle. Denn durch die Taufe sind wir in die Nachfolge Jesu eingetreten. Nachfolge bedeutet, dass wir uns an Jesu Worte und seine Taten ausrichten. Das betrifft aber nicht nur unseren religiösen Lebensbereich, sondern unser ganzes Leben, also auch unser politisches Denken und Handeln.

Und da trifft es sich gut, dass uns Jesus im heutigen Evangelium – wenn man so will – seine Agenda präsentiert, das, wofür er im Namen Gottes unbedingt einsteht. Im Zusammenhang mit dem neuen amerikanischen Präsidenten und auch schon zuvor mit Putin und dem völkerrechtswidrigen Ukrainekrieg oder auch China und seiner (Vor-) Machtstellung ist oft die Rede von einer neuen Weltordnung. Das, was wir heute im Evangelium gehört haben, ist die Weltordnung, wie sie sich Jesus vorstellt. Die war zu seiner Zeit schon revolutionär und ist es auch heute noch, weil sie bestehende (Macht-) Verhältnisse auf den Kopf stellt. Wie damals Mose – und der Bezug ist gewollt – steigt Jesus vom Berg herunter und verkündet seine Gebote: „Selig die Armen, selig die Hungernden, selig, die Leidenden, selig, die gehasst, verfolgt und ausgestoßen werden.“ Damit knüpft Jesus an seine Antrittsrede in der Synagoge von Kafarnaum an: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe.“ Die Weltordnung, wie sie Jesus im Namen Gottes verkündet, kümmert sich besonders um die Armen, um die Hungernden, um die Benachteiligten, um die Verfolgten. Sie grenzt nicht aus, kennt keine Unterschiede, ist sozial, weil sie auf Gerechtigkeit abzielt und respektiert jeden Menschen. Das ist eine völlig andere Weltordnung als die, die sich im Moment weltweit in den Vordergrund schiebt.

Doch das, was Jesus hier verkündet, ist im Grunde nichts Neues. Es ist einfach nur die Forderung nach einer Welt, wie sie von Anfang an von Gott gedacht war – also paradiesische Zustände. Deshalb nennt Jesus auch den „Be-Reich“, wo sich das bereits verwirklicht, Reich Gottes oder Himmelreich.

Es wird immer wieder einmal von den Kirchen gefordert (meistens, wenn sie Politikern nicht nach dem Mund reden), dass sie sich nicht in die Politik einzumischen haben. Sie sollten sich um die Religion kümmern, also um das Himmlische, um die Ewigkeit… das wäre ihr Metier, aber nicht die Realität. Das stimmt aber nicht. Die Botschaft Jesu ist immer auch politisch, weil sie auf die Veränderung der bestehenden Verhältnisse abzielt. Jesus sagt: „Das Reich Gottes ist bereits zu euch gekommen“ und in der Synagoge von Kafarnaum. „Heute hat sich das Schriftwort erfüllt.“ Es ist falsch zu behaupten, dass die Botschaft Jesu Vertröstung sei. Den Armen, Hungernden, Leidenden würde Gerechtigkeit im Himmel versprochen, um sie hier auf Erden ruhig zu stellen. Das stimmt nicht. Für Jesus muss Reich Gottes heute beginnen, der Himmel sich jetzt auf Erden verwirklichen, das ist seine Botschaft. Deshalb fühlt er sich besonders zu den Armen hingezogen, deshalb bewirkt er, dass alle satt werden, deshalb setzt er sich mit Außenseitern an einen Tisch, deshalb legt er sich mit den Machthabern und Reichen an. Jesus ist diese Vision vom „Reich Gottes“ so wichtig, dass er sogar sein Leben dafür opfert.

Diejenigen, die sich in seiner Nachfolge befinden, die Jüngerinnen und Jünger von heute – also wir – sind aufgerufen, an der Verwirklichung des Reiches Gottes jetzt mitzuarbeiten. Dies kann auf verschiedene Art und Weise geschehen.

Heute aber, eine Woche vor der Bundestagswahl möchte ich darauf hinweisen, dass Nachfolge auch darin besteht, sich bewusst zu werden, wofür Jesus einsteht – das haben wir heute von ihm klipp und klar gehört - und sich auf diesem Hintergrund gut zu überlegen, wen ich wähle.

Wer hier noch eine Entscheidungshilfe braucht empfehle ich sehr den „gemeinsamen Aufruf der Vorsitzenden der christlichen Kirchen in Deutschland zur Wahl des 21. Deutschen Bundestages am 23. Februar 2025“ (siehe unten). Hier wird im Grunde das noch einmal wiederholt, was die deutschen Bischöfe bereits im Februar 2024 veröffentlicht hatten: „Wir halten daran fest, dass Extremismus und vor allem völkischer Nationalismus mit dem Christentum nicht vereinbar sind. Daher appellieren wir an alle Wahlberechtigten: Bitte wählen Sie Parteien, die sich für unsere Demokratie einsetzen!“

Wir brauchen keine neue Weltordnung – schon gar keine, die nur bestimmte Menschen bevorzugt und andere außen vorlässt. „Verflucht der Mensch, der (nur) auf Menschen vertraut“, so hieß es in der Lesung. Wir haben die Ordnung Gottes, die Botschaft vom Reich Gottes, die uns Jesus heute noch einmal energisch ins christliche Stammbuch schreibt. Danach sollen wir uns richten und handeln.

https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/gemeinsamer-aufruf-der-vorsitzenden-der-christlichen-kirchen-in-deutschland-zur-wahl-des-21-deutschen-bundestages-am-23-februar-2025